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"Unsere Arbeit spricht für sich"

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Vor zehn Jahren gründeten Meyrav Wurmser und Yigal Carmon MEMRI, das Middle East Media Research Institute. MEMRI übersetzt islamische Medien des Nahen Ostens ins Englische. Das Institut dokumentiert nicht nur antisemitische und fundamentalistische Positionen in arabischsprachigen Sendungen, sondern will auch auf moderate und liberale Positionen aufmerksam machen. Im Februar sorgte die Übersetzung einer Kindersendung von Al-Aksa TV im Auftrag der Hamas für Aufsehen. Darin kündigt ein Plüschhase namens Assud an, "alle Juden aufzufressen".

Das Internet-Lexikon Wikipedia bezeichnet Sie als einen „neokonservativen Intellektuellen“. Wie würden Sie sich selbst beschreiben? Das ist totaler Mist. Denken Sie, Leute, die so etwas schreiben, freuen sich über die Reformen in arabischen Ländern? Nein, die sind auf Seiten der diktatorischen Regimes. Solche Leute haben keine Ahnung, sie sind von politischen Ideologien geblendet. Aber wie würden Sie sich selbst politisch einordnen? Ich stehe mit keiner – mit gar keiner – politischen Gruppe in Verbindung. Sie haben jahrelang für den israelischen Militärgeheimdienst gearbeitet. Das war vor 15 Jahren und ich habe so oft darüber gesprochen. Das ist Vergangenheit. Sie wollen damit sagen, dass ihre Vergangenheit nichts mit der Arbeit von MEMRI zu tun hat? Ja. Natürlich habe ich dort Erfahrungen gemacht und viel gelernt. Ich habe Sprachen gelernt. Entschuldigen Sie, aber wenn ich gewusst hätte, dass das Interview in diese Richtung läuft, hätte ich nicht zugesagt. Warum nicht? Unsere Arbeit ist eine Sache, meine persönliche Geschichte und all diese Anschuldigungen sind eine andere. Diese Vorwürfe tauchen immer wieder auf und ich habe so oft dazu Stellung bezogen. Ich muss das nicht mehr tun. Unsere Arbeit spricht für sich. Sprechen wir über ihre Arbeit. MEMRI wurde vor zehn Jahren gegründet. Was waren damals ihre Beweggründe? Nach einer langen Zeit in Regierungsdiensten erkannte ich, dass so vieles einfach unbekannt ist. Vieles erreicht einfach nicht die Leute, die es sollte: die Medien, die Politiker, die Intellektuellen. MEMRI soll eine Brücke zwischen dem Westen und dem Nahen Osten, es soll helfen, die Sprachunterschiede zu überbrücken, indem wir Übersetzungen zur Verfügung stellen. Viele der so genannten Experten - Journalisten wie Diplomaten - der arabischen Welt sprechen nicht einmal Arabisch. Wie finanziert sich das Institut? Wir bekommen kein Geld von irgendeiner Regierung. Wir leben in erster Linie von Spenden und zwar aus Amerika. Nicht jeder weiß das: die USA sind das Paradies der Philanthropie. Es gibt eine große Spendenkultur dort, ein System der Wohltätigkeit. Wie viele Leute arbeiten dort? Über 75 auf der ganzen Welt. Unsere Zentrale sitzt in Washington D.C., aber wir haben Filialen in London, Rom, Jerusalem, Bagdad – so weit ich weiß, sind wir das einzige Institut in Bagdad – außerdem in Tokio, in Berlin und neuerdings auch in China. Warum in China? Weil wir mittlerweile auch ins Chinesische übersetzen. Ins Japanische übersetzen wir schon lange, nun seit kurzem aber auch ins Chinesische. Was war die schockierendste Publikation, die Ihnen untergekommen ist? Wir haben tausende an Publikationen übersetzt. Ich kann Ihnen nicht sagen, welches ich am schlimmsten fand. Mich persönlich schockieren eh nur wenige, weil ich weiß, was dort läuft. Aber alles, was mit der Erziehung von Kindern zu tun hat, ist schlimm. Moderner Antisemitismus äußert sich oft in einer vehementen Israelkritik. Denken Sie, dass im Westen manche Leute mit Organisationen wie Hisbollah oder Hamas sympathisieren, weil sie schlicht zu wenig über deren Ideologie wissen? Ich weiß nicht, ob das damit zu tun hat. Wenn Sie sagen „Leute“, dann würde mich interessieren, welche Leute? Wir richten uns an vier Zielgruppen: Medien, Akademiker, Übersetzer und Regierungen. Wir fragen uns nicht, ob sie an das oder dies glauben. Wir liefern nur das Material. Das ist alles. Wir versuchen niemanden zu überzeugen, Manche Kritiker haben behauptet, wie der Journalist Brian Whitaker vom Guardian, sie wären bei ihren Übersetzungen ungenau: Manchmal würden an entscheidenden Stellen Wörter fehlen und sie gingen selektiv vor. Die Anschuldigungenbeziehen sich nicht auf die Korrektheit unserer Übersetzungen, sondern auf unsere Auswahl. Es geht nicht um die Qualität unserer Übersetzungen. Aber was ist ihre Antwort auf diese Kritik? All das ist nun schon eine Zeit lang her. Aber Whitaker spricht nicht einmal Arabisch. Und lassen Sie mich eines fragen: Kann man überhaupt nicht selektiv sein? … Uns wird vorgeworfen, nur die schlimmen Dinge aus den arabischen Medien zu übersetzen. Aber bitte: Gehen Sie auf unsere Website und sehen Sie sich unsere Arbeit an! Diese Anschuldigungen sind falsch, sie stammen von Menschen, die ein Problem mit unserer Arbeit haben. Aber das ist ein alter Hut und ich habe keine Lust mehr, darüber zu sprechen. Im Übrigen verwendet auch der Guardian unser Material. Yigal Carmon, 61, wuchs in Israel als Kind ungarischer und rumänischer Juden auf. Er lebt heute in Israel und den USA.

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