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Neues Gentechnik-Gesetz: Was ist jetzt genau in meinem Schokoriegel drin?
[b]Herr Eickelkamp, der Bundestag hat heute die Novelle des Gentechnikgesetzes beschlossen. Was ändert sich dabei ganz konkret für mich? Muss ich jetzt noch genauer gucken, was ich kaufe, oder wird die Situation für mich erleichtert?[/b] Die Situation wird sehr stark erleichtert. Wenn jetzt das staatlich kontrollierte „Ohne-Gentechnik“-Siegel kommt, dann haben Sie als Verbraucher die Sicherheit, dass bei der Fütterung von Tieren, aus denen tierische Lebensmittel hergestellt wurden, keine gentechnisch veränderten Pflanzen verfüttert worden sind. Das hat für viele Verbraucher nicht nur einen gesundheitlichen, sondern auch einen politischen Aspekt. Sie können nämlich frei entscheiden, ob sie die Agro-Gentechnik unterstützen wollen oder nicht. Vorher haben Sie die Gentechnik unwissentlich unterstützt, nämlich den Anbau von gentechnisch verändertem Getreide, Soja und Mais. Das liegt daran, dass die Verwendung von Gen-Futtermittel auf dem Lebensmittel nicht deklariert werden muss.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
[b]Heißt das, dass ich bisher schon dauernd Fleisch, Milch und Eier konsumiert habe, die durch den Einsatz von gentechnischen Futtermitteln erzeugt wurden?[/b]
Das ist nicht nur eventuell so, sondern sehr wahrscheinlich. Sie können davon ausgehen, dass bei einem großen Teil der Lebensmittel gentechnisch veränderte Futterpflanzen verwendet worden sind. Ausnahmen gibt es nur bei den Bio-Produkten und einigen wenigen Firmen, die freiwillig auf Gen-Futter verzichten, denn gentechnisch veränderte Futtermittel sind billiger als natürliche Futterstoffe.
[b]Trotzdem bleibt ja immer eine gewisse Unsicherheit – war mein Schoko-Riegel heute Mittag denn wirklich frei von Gen-Technik?[/b]
Sie können wegen der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit davon ausgehen, dass der Riegel keine gentechnisch veränderten Pflanzen oder Organismen enthält. In allen Supermärkten sind die Lebensmittel prinzipiell gentechnikfrei, bezogen auf ihre eigenen Inhaltsstoffe. Bei der Gentechnik-Problematik geht es ja momentan um die „indirekte“ Gentechnik bei der Fütterung.
[b]Die Bundesregierung will bei den Genmais-Feldern einen Sicherheitsabstand zum herkömmlichen Landbau von 150 Metern, beim ökologischem Landbau von 300 Metern. Ist das nicht zu wenig? Können so veränderte Gene nicht doch auf meinem Teller landen?[/b]
Aus Verbrauchersicht sind kleine „Gen-Verunreinigungen“ tolerierbar. Die gesetzliche Toleranzgrenze von 0,9 Prozent bedeutet ja für den Konsumenten am Ende ein Schnitzel, das de facto zu 99,1 Prozent von einem gentechnikfrei gefütterten Tier stammt. Das ist aus unserer Sicht in Ordnung, denn nur so ist das Gesetz praktikabel. Die bisherigen Vorschriften sind so streng, dass man kaum ein Lebensmittel als gentechnikfrei deklarieren kann. Insofern ist diese Regelung eine Verbesserung für den Käufer.
[b]Die Bundesregierung sagt, dass das neue Gesetzespaket der „großen Sensibilität, mit der die Gentechnik in der Bevölkerung wahrgenommen wird, Rechnung trägt“. Kann man das wirklich so festhalten, oder gibt es noch Kritikpunkte?[/b]
Nein, wir halten die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung für sehr sinnvoll. Man muss nur aufpassen, dass das zugehörige Siegel auch wirklich nur unter staatlicher Kontrolle vergeben wird, so wie das Bio-Siegel. So kann der Verbraucher auch Vertrauen zu den Lebensmitteln aufbauen. Wir stimmen ja nicht Vielem zu, was Herr Seehofer sagt, aber in diesem Fall halten wir die Regelung für gut.
[b]Als Verbraucher verliere ich im Supermarkt ja trotzdem schnell den Überblick. Wieso habe ich nicht mehr Macht, zu entscheiden, was ich überhaupt essen will?[/b]
Genau, unsere Hauptforderung in all unseren Aktionen und Kampagnen ist ja, dass die Bürger ein Informationsrecht in Sachen Lebensmitteln erhalten. Nur so bekommen Bürger die Wahlfreiheit, zu entscheiden, was sie überhaupt konsumieren wollen. Theoretisch kann ja jeder die gentechnischen Futter- und Lebensmittel unterstützen und sie dann auch kaufen, er muss aber vorher die klare Information darüber haben.
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[i]Weitere Informationen zum neuen Gentechnik-Gesetz hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zusammengestellt.[/i]
Text: johannes-graupner - Foto: dpa