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"Manche geben mir zu essen - das schont den Geldbeutel"
jetzt.de: Dino, warum hast Du Dich ausgerechnet für Madrid entschieden? Dino: Mein Bandkollege Carl und ich können hier bei einem Freund ein Demo-Tape aufnehmen. Wir warten noch auf den Termin. Und nebenbei verdienst Du dein Geld auf der Strasse? Genau, ich fühle den Vibe in den Strassen. Hier habe ich die Chance, auf der Strasse als Musiker und Person zu reifen. Wo bist Du schon überall gewesen? Ich bin in Bosnien geboren und habe zwischenzeitlich in Slowenien, Portugal und Deutschland gelebt. Mein Zuhause ist aber in Sacramento, Kalifornien. Dort wohne ich seit neun Jahren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Dino
Hast Du in Sacramento auch auf der Strasse für Geld gespielt?
Nein. In Sacramento ist das Zentrum verdammt langgezogen. Da gibt es keinen Ort, an dem viele Menschen vorbeikommen.
Wie sieht dein Arbeitstag als Strassenmusiker aus?
Am letzten Samstag zum Beispiel bin ich um 16 Uhr aufgestanden und habe ein Sandwich gefrühstückt. Das hatte mir am Vorabend ein kleiner Junge in meine Gitarrentasche gesteckt. Danach hat Carl angerufen und gesagt, ich solle in einer Stunde für die erste Probe im Studio sein. Wir haben bis ein Uhr morgens gespielt und sind danach etwas trinken gegangen. Ab halb drei in der Nacht habe ich auf der Strasse gespielt.
Und wieviel hast du verdient?
Fünf Euro. Aber um fünf Uhr bat mich ein Deutscher, seiner Freundin durchs Telefon ihr Lieblingslied vorzuspielen: "Smells like Teen Spirit". Er hat mir 20 Euro dafür gegeben. Danach ist mir eine Saite gerissen und ich hatte keinen Ersatz dabei. Aber ich dachte mir: 25 Euro - das war eine gute Nacht!
Wieviel verdienst du normalerweise?
Am Wochenende verdiene ich durchschnittlich 15 Euro pro Nacht. An Wochentagen ungefähr fünf. Das hängt von meiner Motivation ab.
Und wovon hängt deine Motivation ab?
Von dem ersten Song, den ich morgens höre.
Warum verdienst du am Wochenende mehr?
Am Wochenende sitze ich, nachts natürlich, vor den Clubs. Die Feiernden kommen heraus und wollen weiter tanzen. Dafür liefere ich die Musik. Ausserdem sitzt bei Betrunkenen der Geldbeutel lockerer. Und Betrunkene gibt es am Wochenende mehr.
Kannst du von fünf Euro am Tag leben?
Ich habe in Sacramento als Kellner in einem Burger-Restaurant gearbeitet. Da habe ich mein Trinkgeld gespart und den Vorrat greife ich an, wenn ich pleite bin. Manche Leute geben mir auch etwas zu essen. Das schont den Geldbeutel.
Was war das Beste, das Dir jemand für deine Musik gegeben hat?
Am meisten freue ich mich über positive Reaktionen. Wenn die Leute lächeln oder kurz stehen bleiben. Oder über den Polizisten, der neulich an mir vorbeigefahren ist. Er schaut mich aus dem Auto heraus an und macht das Rock´N´Roll-Zeichen. Oder das Kind, das mir neulich eine Cola und einen Donut gegeben hat. Das war auch gut.
Gibt es einen Trick, mit dem du die Leute dazu bringst, dir Geld zu geben?
Ja, den gibt es. Manchmal fragt mich jemand, ob er auf meiner Gitarre spielen dürfe. Ich sage ihm: Ja, für einen Euro. Ich bekomme einen Euro und reiche ihm meine Linkshändergitarre. Die bekomme ich meistens schnell zurück, weil die wenigsten Gitarristen Linkshänder sind.
Und wie reagieren die Leute darauf?
Einige lachen darüber, andere wollen ihr Geld zurück. Aber keine Chance: Deal ist Deal. Sie dürfen ja auf meiner Gitarre spielen - wenn sie können.
Text: timo-stukenberg - Foto: ts