Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

„Ich wollte wie ein Priester zu ihnen sprechen“

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

jetzt.de: Kele, während sich der Rest deiner Band eine Pause vom Musikgeschäft gönnt, bringst du ein Soloalbum raus. Keine Lust auf Erholung? Kele Okereke: Ich hatte gar keine andere Wahl, als weiter zu machen. Ich bin ein sehr kreativer Mensch und habe noch so viel zu erzählen. Ich musste diese Zeit einfach nutzen, um eine Platte aufzunehmen. Eine Pause machen kann ich immer noch - wenn ich alt bin. Bis dahin arbeite ich weiter. Um das zu tun, bist du nach New York geflogen und hast dort mit dem Produzenten XXXchange von Spank Rock „The Boxer“ eingespielt. Das Album klingt, als hättet ihr euch sehr von der New Yorker Electro-Szene beeinflussen lassen. Schon, allerdings bin ich in New York nie wirklich ausgegangen, um in den Clubs zu feiern und mich dort inspirieren zu lassen. Ich wollte ja auch, dass es ein sehr Electro-lastiges Album wird, deshalb habe ich mich für XXXchange als Produzent entschieden. Ich wusste, dass ich einiges von ihm lernen kann, was elektronische Musik angeht ist er einfach ein Experte. Ich habe in New York aber auch ziemlich viel R’n’B gehört, das ist in Amerika ja generell ein dominanter Musikstil, ganz im Gegensatz zu Europa. Findest du, dass europäische Indie-Bands generell offener für solche Einflüsse sein sollten? Das Gras wird irgendwo anders immer grüner sein. Man findet immer Orte, an denen Musik spannender ist als man es in seinem direkten Umfeld gewohnt ist. Ich verfolge mittlerweile auch nicht mehr so sehr das, was andere Bands im UK machen. Manchmal ist es besser, nicht zu wissen, was um einen herum passiert und gerade als cool gilt. Wie habe ich mir deinen New York-Aufenthalt vorzustellen? Hattest du in diesen Wochen ein Hotelzimmer und hast dort die Songs fürs Album geschrieben? Nein, die Songs hatte ich schon zu Hause in London fertig, in New York habe ich sie nur aufgenommen. Ich habe dort eine Wohnung gemietet. Ein Freund von mir ist Reiseschriftsteller und ziemlich selten zu Hause. Er hat mir seine Wohnung für diese Zeit überlassen. Ich hätte auch ungern in irgendeinem Hotel gewohnt, das wäre mir zu unpersönlich gewesen. Es gibt kaum Songs auf „The Boxer“, die nach Bloc Party klingen. Gitarren hört man nur ganz selten. Hast du keine Lust mehr auf Gitarrenmusik? Ich hatte noch nie ein Problem mit Gitarren – nur mit der Art und Weise, wie sie gespielt werden. Wir haben jetzt versucht, die Gitarrenparts mit vielen Effekten interessant zu machen. Wenn man eine Gitarre einstöpselt und sie ohne Effekte spielt, lässt es der Sound oft gar nicht zu, dass man andere Instrumente drum herum wahrnimmt. Die Gitarre ist dann einfach zu einnehmend. Mit elektronischer Musik hat man dagegen viel mehr Möglichkeiten und kann seine Fantasien besser ausleben. Man kann mit den Sounds herumspielen, sie in die ein oder andere Richtung lenken und einfach machen, was einem gefällt.

Im Song „Rise“ singst du über die Stärken deiner Brüder und Schwestern. Wen meinst du damit? Wir haben in den letzten Jahren viel Zeit auf Tour verbracht und unsere Freunde in London nur alle paar Monate gesehen. Jedes Mal, wenn ich zurück gekommen bin, hatte ich das Gefühl, dass die Leute immer tiefer in ihre persönlichen Krisen reingerutscht waren. Sie befanden sich oft in Situationen, aus denen sie aus eigener Kraft kaum wieder heraus kamen. Der Song handelt davon, dass ich ihnen diese Kraft wünsche, die sie benötigen, um durch die Zeiten zu kommen, die weh tun. Ich wollte wie ein Priester zu ihnen sprechen und Mut machen. Das ganze Album handelt eigentlich davon, sich von etwas zu entfernen, was nicht gut für einen ist. Es geht darum, sich auch in schwierigen Momenten zu behaupten, den Kopf immer oben zu behalten. Das ist echt wichtig, wenn man etwas erreichen möchte. Und wie schaffst du es persönlich, den Mut nie zu verlieren? Ich will nicht klingen wie ein Hippie, aber ich glaube fest daran, dass man aus sich selbst heraus die Energie entwickeln kann, um Probleme zu lösen. Selbst wenn man schon mit dem Rücken zur Wand steht, kann man durch positives Denken den Willen erlangen, es irgendwie doch noch zu schaffen. Ich denke, dass es dabei auch wichtig ist, nach außen eine gefestigte Persönlichkeit darzustellen, damit kann man viel erreichen. In „New Rules“ erzählst du davon, dass du gerade lernst, entspannter mit bestimmten Dingen umzugehen. Welche Dinge meinst du? Ich werde langsam älter, nächstes Jahr schon 30. Und darum geht es auch in dem Song: ums Erwachsenwerden. Als wir mit der Band angefangen haben, waren wir noch Kids. Die Zeit mit Bloc Party war ziemlich wild, erotisch und vor allem schnell. Wir haben in den letzten Jahren viel gelernt und unsere Einstellung zu einigen Dingen verändert. Wir sind eben erwachsen geworden. „The Boxer“ von Kele Okereke erscheint am 18. Juni auf Wichita/Cooperative Music.

  • teilen
  • schließen