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Giftige Frösche, stinkende Sümpfe: Warum Biodiversität so wichtig ist
[b]Herr Flasbarth, „UN-Konvention über die biologische Vielfalt“ ist zunächst ein sperriger Begriff. Was verbirgt sich eigentlich dahinter? Geht es nur um Tierschutz? Das wäre ja nichts wirklich Neues.[/b] Die „UN-Konvention über die biologische Vielfalt“ gehört wie das Klimarahmenabkommen und die Wüstenkonvention zu den drei völkerrechtlichen Abkommen, die bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 zur Unterzeichnung auslagen. Deutschland ist seit ihrem In-Kraft-Treten am 29. Dezember 1993 Vertragspartei der Konvention. Im Strategischen Plan des Übereinkommens wurde das Ziel festgelegt, den Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 entscheidend zu verringern. Dieses so genannte „2010-Biodiversitätsziel“ wurde beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg durch die Staats- und Regierungschefs bestätigt. Doch trotz dieses weltweiten Bekenntnisses nimmt die Biodiversität weiterhin weltweit dramatisch ab.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
[i]weltweit sind 15.000 Arten vom Aussterben bedroht[/i] [b]Wozu brauchen wir denn eigentlich Nacktmulle, giftige Raupen, mückenverseuchte Sümpfe und exotische Süßkartoffelsorten?[/b] Mit der Zerstörung der biologischen Vielfalt graben wir Menschen letztlich uns selbst das Wasser ab. Wir vernichten Baupläne für Arten, für Technologien, für Stoffe, die wir heute oft noch nicht einmal kennen geschweige denn verstehen. Ein Beispiel: Mitte der siebziger Jahre wurde in Australien eine Froschart entdeckt, die keine Eier legt, die sich dann irgendwo im Tümpel zu Kaulquappen entwickeln, sondern die Weibchen dieser Art nahmen die Eier auf, verdauten sie nicht etwa, sondern brüteten die jungen Frösche im eigenen Magen aus. Wissenschaftler; die die Tiere untersucht haben, versprachen sich von der weiteren Untersuchung dieser besonderen Art neue Einblicke und Behandlungsmöglichkeiten für schwere Magenerkrankung beim Menschen. Und dann konnten die Untersuchungen nicht fortgesetzt werden, weil die Frösche zwischenzeitlich ausstarben.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
[i]Jochen Flasbarth[/i] [b]Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat gerade gesagt, wir müssten uns „der unbequemen Frage stellen, ob wir weiterhin nur Berge von Papier mit wenig Inhalt produzieren oder ob wir unserer Verantwortung gerecht werden wollen.“ Was sind denn die konkreten und greifbaren Ziele der Bonner Konferenz?[/b] Die aus unserer Sicht wichtigsten Themen der Konferenz sind der Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechter Vorteilsausgleich, die Finanzierung des globalen Biodiversitätsschutzes, ein globales Schutzgebietsnetz, Der Schutz der Wälder und der Weltmeere sowie der Zusammenhang von Biodiversität und Klimawandel. [b]Der Schutz und die nachhaltige Nutzung von Wäldern und Meeresökosystemen stehen ganz oben auf der Dringlichkeitsliste. Wie soll man Menschen in Entwicklungsländern davon abbringen, Urwälder zu zerstören, wenn diese die einzige Nahrungsgrundlage darstellen? Muss man nicht an ganz anderer Stelle ansetzen?[/b] So wie es in Deutschland eine äußerst schwierige Aufgabe ist, unsere gewachsene Chemie-, Energie- und Autoindustrie so zu organisieren, dass die ökologischen Grenzen insbesondere im Klimaschutz eingehalten werden, so fällt es anderen Ländern nicht leicht, ein Entwicklungsmodell zu verändern, dass seit Jahrzehnten auf der Umwandlung von Wald oder anderen Ökosystemen in Agrarflächen beruht. Wir wissen, was getan werden müsste, um die Vielfalt der Natur zu erhalten. Und wir wissen, was getan werden müsste, um regional die Wirtschaft zu entwickeln. Die Schwierigkeit ist, diese beiden Ziele miteinander in Einklang zu bringen. [i]Auf der nächsten Seite: Jochen Flasbarth über Bio-Piraterie, europäischen Meeres-Raubbau und die Frage, wer den Naturschutz eigentlich bezahlen soll[/i]
[b]Das Problem liegt nicht allein bei den Entwicklungsländern – Die Öko-Systeme werden permanent übernutzt und nicht nachhaltig bewirtschaftet, obwohl das Know-How in den westlichen Staaten längst vorhanden ist. Wie kann es sein, dass von der EU subventionierte Fabrikschiffe die Gewässer Afrikas leer fischen und man in Deutschland immer noch Teakholz aus Raubbau in den Läden findet?[/b] Das Beispiel der Fischerei zeigt, dass wir auch in Europa durchaus noch einen Weg vor uns haben. Zum Thema Holz: Wir haben in Deutschland eine Nachhaltigkeitsverordnung beschlossen, die von der EU erstmal auf Eis gelegt wurde, weil Brüssel im Herbst eine eigene Verordnung präsentieren möchte. Das werden sicher noch spannende Diskussionen. Wenn die Fischerei weltweit weiterhin so ausbeuterisch betrieben wird, werden die Fischbestände 2050 komplett zusammen gebrochen sein. [b]Stichwort Bio-Piraterie: Große Pharma-Konzerne sichern sich genetische Ressourcen aus Urwäldern, um daraus Medikamente herzustellen. Damit verdienen sie viel Geld, wollen allerdings nicht für die Nutzung der genetischen Ressourcen zahlen. Die indigenen Völker gehen leer aus. Wie kann die Politik hier für mehr Fairness sorgen?[/b] Fortschritte beim Zugang zu genetischen Ressourcen und beim gerechtem Vorteilsausgleich, dem sogenannten ABS-Regime, gehören zu den wichtigsten Zielen der Konferenz. Die Entwicklungsländer bezeichnen es zu Recht als Biopiraterie, wenn Industrienationen sich im Regenwald genetischer Ressourcen unerlaubt bedienen, daraus Medikamente machen, aber keinen Cent zurückzahlen. Wir brauchen im Sinne des Access and Benefit-Sharing (ABS) einen Vorteilsausgleich. Wie groß am Ende der wirtschaftliche Gewinn ist, den es zu teilen gilt, das weiß ich nicht. Aber um das finanzielle Volumen geht es vielleicht auch gar nicht vorrangig. Sondern es geht um das Prinzip. Die Industrieländer müssen anerkennen, dass die Erträge aus biologischen Ressourcen gefälligst auch mit denen zu teilen sind, die sie bis heute für die Menschheit bewahrt haben. Ich setze alles daran, dass wir in diesem Bereich in den zwei Wochen der Konferenz und in den nächsten zwei Jahren unter unserem Vorsitz deutlich vorankommen. Im Jahr 2010 muss es dieses Regime geben. Hierzu müssen wir in Bonn Voraussetzungen schaffen. Das Ziel ist ein klares Bonner Mandat, das es uns ermöglicht, die Verhandlungen in den nächsten zwei Jahren erfolgreich zu organisieren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
[i]Biodiversität ist nur in fein verzweigten Öko-Systemen möglich[/i]
[b]Die Bewahrung der Biodiversität kostet weltweit Milliarden, die Finanzierung ehrgeiziger Schutzprojekte ist noch nicht gesichert. Wie sollen die Kosten denn überhaupt verteilt werden?[/b]
Wir brauchen dringend eine ehrliche Diskussion zur Verbesserung der Finanzierung des globalen Biodiversitätsschutzes. Wir machen es uns viel zu leicht, wenn wir einfach die Menschen in den Entwicklungsländern aufrufen, die Abholzung der tropischen Regenwälder oder die Zerstörung andere Ökosysteme zu stoppen. Wir müssen stattdessen die Logik verändern, die der andauernden Zerstörung der Biodiversität zu Grunde liegt. So lange es einträglicher ist, Profit aus der Zerstörung der Natur zu ziehen als sie nachhaltig zu nutzen, haben wir keine Chance, die biologische Vielfalt zu erhalten. Deshalb ist die Verabschiedung einer Strategie zur Mobilisierung finanzieller Ressourcen von größter Bedeutung. Deutschland hat hierbei durchaus etwas vorzuweisen: Ab diesem Jahr wird erstmals mit 40 Millionen Euro ein Teil der Erlöse aus der Versteigerung von CO2-Zertifikaten auch für die Erhaltung kohlenstoffspeichernder Ökosysteme wie etwa Wälder, Moore oder Savannen genutzt. Einen Teil der Mittel werden wir auch zur Anpassung von Lebensräumen an den Klimawandel einsetzen. Beim Globalen Schutzgebietsnetz brauchen wir trotz aller bereits erzielten Erfolge eine neue Dynamik. Hierzu bietet Deutschland die "LifeWeb Initiative" an - ein Instrument zur beschleunigten Umsetzung eines weltweiten Schutzgebietsnetzes an Land und auf dem Meer.
[b]Die unterzeichnenden Staaten der UN-Naturschutzkonferenz sind zwar zur Umsetzung der unterschriebenen Konvention verpflichtet, allerdings können sie dazu nicht gezwungen werden. Wenn international die Sanktionsmöglichkeiten fehlen – Wie soll man schnell zur Umsetzung des Vertrages kommen, um die Naturzerstörung zu bremsen?[/b]
Bevor wir uns über Sanktionen unterhalten, müssen wir uns zunächst über konkrete Ziele und Vereinbarungen verständigen. Das ist schwer genug, denn die Wahrheit im Jahr 2008 ist: Wir sind immer noch auf dem falschen Weg.
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[i]Parallel zur UN-Naturschutzkonferenz tagt auch der internationale Jugendgipfel[/i] "Go 4 BioDiv"[i] zur Biodiversität. Knapp 50 Jugendliche aus aller Welt tauschen in einem Camp im Bayerischen Wald ihre Erfahrungen und Ideen zum Schutz der biologischen Vielfalt aus. Anschließend diskutieren sie auch mit Delegierten in Bonn.[/i]
Text: johannes-graupner - Bilder: BMU / naturallianz.de