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Der Ruf von Ersti-Partys ist zu gut
Wir alle vermissen Partys – und vergessen dabei leicht, dass Feiern nicht immer nur spaßig ist. In dieser Serie erzählen wir deshalb von den schlimmsten Partys, auf denen wir in unserem Leben waren. Viel zu viel Alkohol, grauslich langweilige Verwandte, emotionale Tiefpunkte – es gibt ja viel, das eine Feier vermiesen kann. Falls du selbst von einer schlimmen Party erzählen willst: Schreib uns eine Mail an info@jetzt.de!
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Horrorstufe: 6 von 10
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Center of Attention: Die Kommilitonin, die einem Typen hinterhergeheult hat, von dem sie eigentlich nichts wollte.
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Trinkverhalten: Nüchterner geht es nicht.
Ich muss leider alle enttäuschen, die sich auf Ersti-Partys gefreut haben oder traurig sind, dass die Party wegen Corona in den letzten Semestern ausgefallen ist. Der Ruf der Ersti-Party ist besser als die Realität. Die hohen Erwartungen, die einem die Studierenden höheren Semesters machen, hängen wahrscheinlich mit deren Erinnerungslücken aufgrund exzessiven Alkoholkonsums zusammen. Denn anders als komplett betrunken sind diese Partys schlicht nicht zu ertragen.
Das beste Beispiel dafür ist eine Ersti-Party, auf der ich vor anderthalb Jahren in Braunschweig war. Ich studierte nicht mal selbst an der Uni und war schon im dritten Semester. Aber meine Schulfreundin Sabrina war Ersti an der Uni und wir dachten, es könnte lustig sein, da zusammen aufzulaufen. Ich hatte mich großzügig bereit erklärt, Taxi zu spielen. Die Party fand in einer Halle am Stadtrand statt, wo die Busse ab 23 Uhr nicht mehr fahren. Und wer verlässt schon eine Party um 23 Uhr? Dementsprechend war ich gezwungen, nüchtern zu sein. Ich kann euch nur raten: Lernt aus meinem Fehler und seid niemals Fahrer*in bei einer Ersti-Party. Nachts im Suff zu Fuß nach Hause zu laufen, bockt mehr als das.
Eine Ü30-Party könnte nicht schlimmer sein
Der Abend fing vielversprechend an. Wir hatten uns bei einer neuen Kommilitonin von Sabrina fertig gemacht, während die beiden vortranken. Bei der Party angekommen, standen wir drei erstmal verloren auf der Tanzfläche herum. So wirklich kannte keine von uns andere Personen, zu denen man sich hätte gesellen können. Klar, Erstis sind ja noch nicht so lange an der Uni und kennen sich noch nicht richtig. Und die ersten Zusammentreffen mit Kommiliton*innen, bei denen man etwa bei Uni-Rallyes semi-witzige Facts über die Uni herausfinden muss, sind oft eher unangenehm als verbindend.
Also wurde mehr Alkohol besorgt, um die Stimmung aufzulockern. Ich habe natürlich brav zugeguckt und bin derweil aufgrund der Hitze in der Halle innerlich ausgetrocknet. Nichts zu trinken war aber am Anfang gar nicht so schlimm. Der Alkohol hat vielleicht die Stimmung meiner beiden Begleiterinnen aufgelockert, war aber – wie das eben so oft auf Uni-Partys ist – sauteuer und doch billig zugleich. Billig war übrigens auch der DJ, der zuvor auf der Facebook-Veranstaltungsseite so glorreich angepriesen worden war. Dabei war es höchstwahrscheinlich nur einer der älteren Studierenden, der hobbymäßig den Beatdrop versaut.
Die Musik des Abends bestand aus einer Mischung aus Charts, Malle-Schlager und Oldies. Eine Ü30-Party könnte nicht schlimmer sein. Um diesen Musikmix zu feiern, wäre ein Mindestpegel von einer Promille notwendig gewesen. Ich fing an, meine Entscheidung, die einzige Nüchterne vor Ort zu sein, bitter zu bereuen. „Wenn wir einfach den Bus um fünf Uhr nehmen, könnte ich was trinken“, überlegte ich. Aber meine Vernunft siegte: Den Aufwand, das Auto am nächsten Tag vom Ende der Welt wieder abzuholen, wollte ich mir einfach nicht geben. Also schaute ich den anderen neidisch zu, wie sie etwas angeekelt Mexikaner-Shots in sich reinkippten.
Irgendwann wurde dann doch mal ein guter Song gespielt und es zog uns zurück auf die Tanzfläche – ganze fünf Minuten zwischen wildfremden verschwitzten Menschen. Und dann begann mein eigentlicher Job: Mutti spielen. Der Pegel meiner Freundin hatte, auch dank eines ordentlichen Vorglühens, schnell das Maß an besoffen erreicht, wo sie versuchte, einen „Schneeengel“ auf dem klebrigen, dreckigen Boden zu machen. Es brauchte meine ganze Überzeugungskraft, ihr bewusst zu machen, dass das einfach widerlich ist.
War ich wirklich so dumm, zu glauben, die Party könnte nüchtern Spaß machen?
Wäre es dabei geblieben, wäre alles okay gewesen. Ich bin es gewohnt, die Party-Mutti zu sein. Aber dann sind meine Freundin und ihre ebenfalls total besoffene Kommilitonin auf einmal weggelaufen: Sie wollten sich neuen Alkohol beschaffen. Blöd nur, dass sie mir nicht Bescheid sagten – und auch nicht ans Handy gingen, als ich verzweifelt versuchte, sie zu erreichen. Nach dem fünften Anruf gab ich das Suchen auf und setzte mich genervt in eine Ecke. Mir war mittlerweile alles egal. Ich wollte in mein Bett und fragte mich die ganze Zeit, warum ich mich auf diesen Mist eingelassen hatte. War ich wirklich so dumm, zu glauben, eine Party, auf der man niemanden kennt, könnte nüchtern Spaß machen? Und warum zum Teufel guckt Sabrina nicht einmal auf ihr verdammtes Handy und reagiert auf eine der unzähligen Nachrichten, die ich ihr an dem Abend schon geschickt habe? Alle übrigens mit dem gleichen Inhalt: „Wo zum F*ck bist du?“
Ich war kurz davor, ohne sie abzuhauen. Eher zufällig, schon halb auf dem Weg zur Garderobe, hab ich sie dann wiedergefunden, zusammen mit der heulenden Kommilitonin. Der Grund für die ganze Verzweiflung: Der Typ, mit dem sie den ganzen Abend geflirtet hatte, wagte es doch echt, mit einer anderen Frau auf der Tanzfläche rumzuknutschen. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Und meine Sympathie für sie hörte genau dann auf, als sie meine Freundin in die tanzende Menge zog und dabei brüllte: „Wir müssen uns angucken, wie hässlich die B**** ist.“
Sobald die beiden wieder aus der Menge auftauchten und die Kommilitonin dauerhaft hören wollte, dass sie doch viel hübscher sei als die andere, erklärte ich den beiden, dass ich fahre. Mit oder ohne sie, mich hat an diesem Abend nichts mehr gejuckt. Da dank des Typen und dem Geheule die Stimmung bei allen im Keller war, hatten die beiden nichts einzuwenden. Ich wollte mir nur noch die vor Schweiß verlaufene Schminke aus meinem Gesicht waschen, und in mein kuscheliges Bett. Es war eh schon drei Uhr nachts und ich hatte am nächsten morgen Uni.
Wir fahren also los, aber schon von Weitem sehe ich Blaulicht. Nicht auch noch das. Polizeikontrolle. Bitte halt’ mich nicht an und lass mich einfach weiterfahren, dachte ich. Ich bin stocknüchtern und überhaupt nicht in der Laune, jetzt auch noch höflich zu dem Polizisten zu sein. Aber klar, natürlich wurden ich und meine besoffenen Mitfahrerinnen erwählt. Schon geübt, befahl ich Sabrina mir den Fahrzeugschein aus dem Handschuhfach zu geben. Du musst nur nett lächeln und ihm deine Papiere zeigen, dann lässt er dich weiter fahren – hoffte ich. Aber das reichte dem Polizisten natürlich nicht. Auch nicht, dass ich auswendig wusste, wie lange mein Erste Hilfe-Set haltbar war. Nein, ich musste ihm auch noch all meine Taschen zeigen und erklären, was das für Tabletten in meinem Portmonee waren (For the Record: Es waren Tabletten gegen Periodenschmerzen).
Mein Führerschein war zu teuer, um ihn für eine Ersti-Party aufs Spiel zu setzen
Ich konnte ihm ansehen, dass er stark zweifelte, dass ich nüchtern bin. An dem Punkt betete ich aber einfach nur noch, dass er mir glaubt. Ich hatte keine Lust, in diesen dummen Becher zu pinkeln. Ich war so dehydriert, da hätten wir ewig warten können. „Ich habe weder getrunken noch etwas geraucht. Mein Führerschein war zu teuer, um ihn für eine Ersti-Party aufs Spiel zu setzen”, versicherte ich dem Herren. Nach langer Denkpause und einem weiteren prüfenden Blick auf die Größe meiner Pupillen ließ er mich ziehen.
Am nächsten Morgen schaffte ich tatsächlich um 8 Uhr mit drei Stunden Schlaf in meine erste Vorlesung des Tages – mit absolut schlechter Laune. Als ich mich bei meinen eigenen Kommiliton*innen auskotzte, lachten die mich richtig aus. Warum ich mich auf den Mist eingelassen habe? Schließlich war unsere Ersti-Party auch nicht das, was uns versprochen wurde. Aber naja, da erinnerte ich mich nicht mehr so richtig dran. Vermutlich war ich zu betrunken gewesen.