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Heute ist Erdüberlastungstag
Heute (8. August 2016) haben wir alle nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde für dieses Jahr verbraucht. Ab heute leben wir auf Pump. Julia Otten, 30, arbeitete bei „Germanwatch“ als Referentin für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten. Sie erklärt, warum der Erdüberlastungstag ein so wichtiges Thema ist. Und wie man trotz des globalen Themas auch selbst etwas dazu beitragen kann.
jetzt: Heute ist Erdüberlastungstag. Was bedeutet dieser Tag?
Julia Otten: Der Tag bedeutet, dass wir bis heute die natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren kann, verbraucht haben. Ab heute verbrauchen wir also für das restliche Jahr mehr Ackerland, Fischgründe und Wald als wir zur Verfügung hätten. Und wir stoßen zu viele CO2-Emmissionen aus.
Wie berechnen Sie das Datum?
Wir arbeiten mit Zahlen des „Global Footprint Network“, das schon seit sehr vielen Jahren den globalen Überlastungstag berechnet. Dort arbeitet man vor allem mit Zahlen der Vereinten Nationen in Bereichen, die sich gut vergleichen lassen: Landwirtschaft, Verkehr, Bebauung und Ernährung. Etwa 6000 Datenpunkte pro Land, Kopf und Jahr fließen in die Berechnung ein. Das verbrauchte Material (in Tonnen) wird dem Ertrag der Flächen und der Kapazität der Atmosphäre gegenübergestellt. Dann werden die Exporte abgezogen und die Importe hinzugerechnet. Damit lässt sich der ökologische Fußabdruck des landesweiten Konsums errechnen. Auf der Grundlage wird dann der jährliche Erdüberlastungstag errechnet.
Was sind die größten Ursachen dafür, dass wir unsere Ressourcen so unfassbar schnell verbrauchen?
Die Art, wie wir uns fortbewegen, verbraucht zu viel CO2, als dass die Erde das ausgleichen könnte. Ein weiterer riesiger Faktor ist der Bereich Energie. Da merkt man ganz deutlich, dass die Energiewende noch lange nicht umgesetzt wurde. Und der dritte Hauptfaktor ist die industrielle Landwirtschaft. Vor allem für die Fleischproduktion wird sehr viel Fläche gebraucht. Das ist ein extrem ressourcen-aufwändiger Bereich. Wenn wir dabei die wachsende Weltbevölkerung im Blick haben und überlegen, wie wir auch zukünftigen Generationen ein Leben garantieren wollen, dann müssen wir unbedingt umsteuern.
Was sind die unmittelbaren Konsequenzen der Ressourcen-Belastung?
Die ökologische Übernutzung der Erde hat ganz viele Konsequenzen: Die biologische Vielfalt sinkt, das merkt man besonders deutlich an der Überfischung der Weltmeere. Eine andere, sehr deutlich spürbare Konsequenz ist die Zunahme von Extremwetter-Ereignissen, die weltweilt immer häufiger zu erleben sind. Das trifft sensiblere Regionen besonders heftig, zum Beispiel in Küstenregionen oder Landschaftsstrichen, die von Dürre betroffen sind. Aber auch bei uns kommt das an. Zuletzt hatten wir vor zwei Wochen in Berlin ein Gewitter mit Starkregen, das zu einem Verkehrschaos und Überschwemmungen geführt hat.
Der Erdüberlastungstag rückt gefühlt jedes Jahr ein bisschen weiter nach vorne. Stimmt das?
Das kann man so sagen. Im Jahr 2000 lag der Tag noch auf dem 1. Oktober, im vergangenen Jahr war es der 13. August. In den letzten drei Jahren ist er immer ungefähr fünf Tage vorgerückt. Ob man das jetzt alarmierend findet, ist natürlich eine Frage des Standpunktes. Wir finden definitiv, dass es alarmierend ist, wenn es so weitergeht. Aber besonders alarmierend finde ich, dass es trotzdem so wenig Beachtung findet. Anscheinend sind wir so an die übermäßige Ressourcennutzung gewöhnt, dass wir uns die Konsequenzen gar nicht mehr anschauen.
Haben Sie denn trotzdem Hoffnung?
Das Positive ist, dass wir in diesem Jahr endlich die Resonanz bekommen, die wir brauchen. Das Thema wird aufgegriffen, das ist schon mal gut.
Und Hoffnung für die Zukunft?
Die gute Nachricht ist: Wir können umsteuern. Es gibt zum Beispiel beim Thema Bebauungsfläche in Deutschland gute Programme der Politik. Wir bebauen insgesamt weniger schnell. Und man sieht auch, dass es gute politische Ideen gibt. Nur halt leider noch keine wirkliche Kehrtwende in der Politik. Und das ist natürlich besonders im Hinblick auf die jüngere Generation gar nicht gut, denn wir werden von den Konsequenzen ganz besonders betroffen sein. Aber wir können umsteuern, wenn wir eine gesamtgesellschaftliche Bewegung gründen.
Kann man denn auch selbst etwas dazu beitragen?
Ich glaube, die Politik ist in zentraler Verantwortung, weil es hier um den Umbau der Wirtschaft geht, das können einzelne Verbraucher nicht aus sich heraus generieren. Auch nicht durch den Boykott einzelner Unternehmen. Trotzdem gibt es viele Bereiche, in denen wir dazu beitragen können, die Ressourcen zu schonen: Wenn wir überlegen, wohin wir in den Urlaub fahren, wie wir da hinkommen. Ob wir auf Flugreisen verzichten können. Ob wir das Auto öfter stehen lassen können. Was wir essen, ob wir regionale Lebensmittel kaufen, wie viel Fleisch und tierische Produkte wir essen. All das kann dabei helfen, die Ressourcen zu schonen.