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"Babylon Berlin" soll deutschen Serien den Durchbruch bringen

Foto: Jens Kalaene/dpa

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Früher, da waren die Verhältnisse wenigstens klar: Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender wie ARD und ZDF waren zuverlässig langsam und ein bisschen angestaubt, das Privatfernsehen hingegen volksverdummend. Und das geldgierige Pay-TV sowieso das allerschlimmste. Keiner wollte mit dem anderen spielen – wenn überhaupt, traf man sich öffentlich nur, um den anderen schlechtzureden. Oder weil man Stefan Raab brauchte, aber das ist eine andere Geschichte.

Umso erstaunlicher, was sich am Mittwoch im Kino Babylon in Berlin Mitte ereignete: Dort saßen, musikalisch begleitet von Deutschlands einziger Kinostummfilmorgel, Vertreter vom ersten deutschen Fernsehen und Sky auf der Bühne und taten das, was man in einem plüschigen Kino tun sollte: einander gut finden. Klar gab es auch immer wieder Frotzeleien, aber eigentlich überwogen die Danksagungen, das Wort „Innovation“ war wohl eines der am häufigsten benutzten. Und dazwischen die Regisseure und Drehbuchautoren Tom Tykwer („Cloud Atlas“), Achim von Borries und Hendrik Handloegten („Was nützt die Liebe in Gedanken?“), die manchmal so schauten, als wüssten sie selber nicht so recht, wie sie das geschafft haben.

Sie müssen mindestens ziemlich überzeugend gewesen sein, denn ARD und Sky werden im Jahr 2016 das erste Mal in ihrer Geschichte gemeinsam mit X Filme und Beta Film eine Serie produzieren. Und nicht irgendeine: „Babylon Berlin“ basiert auf der Bestsellerreihe um den Kölner Kommissar Gereon Rath, der im Berlin der Weimarer Zeit ermittelt, die Hauptrollen sollen Volker Bruch  ("Unsere Mütter, unsere Väter") und Liv Lisa Fries ("Und morgen Mittag bin ich tot")  spielen.

Die seit 2007 erscheinende Krimireihe von Volker Kutscher ist preisgekrönt, dieses Jahr soll ein sechster Band erscheinen. Sie gilt als opulentes und realistisches Sittengemälde der Stadt Berlin, mit emanzipierten Frauen, verschrobenen Untergrundbossen, Straßenkämpfen zwischen Kommunisten und Braunhemden, Kokain und Jazz. Viel Potenzial also für eine richtig gute deutsche Fernsehserie. Eine, auf die auch jüngere Zuschauer Lust haben könnten, die in Anbetracht des Fernsehprogrammes ja sonst schon lange zu Netflix abgewandert sind. Und bevor jetzt jemand sagt „Und das mit unseren Gebühren!“ – da kommt Sky ins Spiel.

Pro Folge wird mit 2,5 Millionen Euro Kosten gerechnet – das ist doppelt so viel wie bei einer Tatort-Folge.

Durch die Kooperation von ARD und Sky werden die hohen Kosten von „unter 40 Millionen Euro“, was als Zahl natürlich vage ist, unter den verschiedenen Produzenten aufgeteilt. Die genaue Verteilung ist zwar geheim, Das-Erste-Programmdirektor Volker Herres bezeichnete sie allerdings als „fair“. Wermutstropfen: Zuerst ausgestrahlt wird die Serie 2017 auf dem Pay-TV-Sender Sky, der wohl langfristig raus aus der Fußballecke möchte, ab 2018 dann in der ARD. Dass Fans so lange warten oder ein Pay-TV-Abo abschließen ist fraglich, illegale Kopien im Netz sind da wahrscheinlicher.

Pro Folge wird mit 2,5 Millionen Euro Kosten gerechnet – das ist doppelt so viel wie bei einer Tatort-Folge. Produzent Jan Mojito von Beta Film nannte das die „oberste Kostenklasse“, auch im internationalen Vergleich. Das ist wichtig, denn genau dort soll die Serie mithalten können: Bei den internationalen Produktionen – eben jenen, zu denen die Zuschauer so gerne abwandern. Wer jetzt schnell nachgerechnet hat merkt auch, dass 40 Millionen Euro dann trotzdem für ziemlich viele Folgen reichen. Tatsächlich sind bereits 16 Folgen geplant, aufgeteilt auf zwei Staffeln.  In diesen soll allerdings nur das erste Buch der Reihe, „Der nasse Fisch“, verfilmt werden. Die Drehbuchschreiber und Produzenten begründen die Entscheidung natürlich mit der Vielschichtigkeit der Geschichte, die Programmdirektoren haben sich, wohl nach längerem Ringen, darauf eingelassen. Oder, wie Das-Erste-Chef Volker Herres es ausdrückte: „Wenn man ‚Think big‘ sagt, hat das Folgen.“

Diese Entscheidung, "Babylon Berlin" direkt in derart großem Stil zu produzieren, ist allerdings auch mutig. Insbesondere wenn man bedenkt, dass bei den meisten neuen Serien mittlerweile immer erst nur eine Pilotfolge produziert wird. Erst wenn diese das Wohlwollen der Zuschauer (und der Investoren) findet, folgt die gesamte Staffel. 16 Folgen auf einmal mit Option auf Verlängerung sind da schon eine Ansage. Und bei der Ausstrahlung 2018 will die ARD vielleicht sogar noch mutiger werden: „Wir können uns auch vorstellen, mehrere Folgen an einem Abend zu senden und in die Mediathek zu stellen“, erklärte ARD-Detego-Chefin Christine Strobl.  Das klingt nach einem guten Binge-Watching-Abend.

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