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Mein Leben nach dem Polaroid. Heute mit Damond, Claudia und Guillaume
Damond
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ich war sehr überrascht, das Bild zu sehen. Es war vor über zwei Jahren und ich kann mich an die Kleidung erinnern, die ich auf dem Polaroid trug: Das graue T Shirt, die schwarze Jogginghose und die alten roten Schuhe. Die Jogginghose war meine Lieblingshose! Wenn du genau hinschaust, kannst du die kleinen Unebenheiten und Risse auf der Vorderseite sehen. Ich habe keines der Kleidungsstücke von damals mehr, ich hab' sie alle weggeschmissen. Ich erinnere mich auch an die Gitarre im Hintergrund, mit der wir immer für die Kinder gespielt haben. Das Bild ist nach unserer Schicht entstanden. Es war im Hampton-Haus, in dem großen Wohnzimmer. Wir hatten Kuchen und Kaffee und die Unterhaltungen der Kollegen kreisten um das Wochenende, um Parties, Pubs etc. Ich war 27, als du das Foto gemacht hast. Nach der Zeit in St. Christophers ging ich zurück in die USA, um meine Familie zu besuchen. Im Januar 2008 kam ich wieder nach England zurück und ließ mich über eine Agentur in verschiedene Hilfsinstitutionen für Jugendliche und psychisch Kranke als Sozialarbeiter vermitteln. Ich war in der Zeit fast überall im Südwesten von England. In genau der Zeit habe ich auch alle möglichen Dinge aus anderen Ländern nach England importiert und sie bei Internetauktionen verkauft. Das mache ich immer noch nebenbei. Damals war alles sehr schwierig für mich. Auf der Arbeit und privat. Meine Frau saß alleine zu Hause mit den Kindern und es war schwierig, mit nur einem Gehalt auszukommen. Ich wollte dauernd mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen. Aber es ging wegen der Arbeitszeiten in dem Heim nicht. Seitdem ich für eine Agentur arbeite, bin ich flexibler und verbringe mehr Zeit mit meinen eigenen Kindern. Außerdem durfte ich bei ein paar Filmen als Statist mitspielen! Einer heißt „Mr Vice“ und soll 2010 ins Kino kommen. Ich freue mich wirklich darauf, den Film zu sehen. Mein jüngster Sohn steht momentan für eine Babymilch vor der Kamera - finde ich auch sehr spannend. Ansonsten habe ich mich eigentlich nicht sehr verändert. Ich bin älter geworden. Und genieße das Leben heute mehr als damals. ** Claudia
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ich glaube, ich war 22 und habe in München ein Marketingpraktikum gemacht! Das Polaroid ist in meiner damaligen WG bei Johanna entstanden, wo wir fünf Monate mit Tobias zusammengewohnt haben. Ich habe zu der Zeit in Nürnberg BWL studiert (wieso auch immer) und mir hing die Theorie zum Hals raus. Da freute ich mich auf die Praxis und ich war in dem Job dann auch ein richtiges Arbeitstier. Mit 'Spaß' hatte der Bürojob aber leider nicht mehr viel zu tun ... Als ich zurück nach Nürnberg kam, hatte ich erstmal eine Exmatrikulation in den Händen, da ich die Prüfungen nicht mitgeschrieben hatte, als ich in München war. Aus Panik hab ich dann mal die Studienberatung angerufen und die haben mir empfohlen, mich für 'Lehramt Hauptschule' einzuschreiben. Das habe ich getan und es bereitet mir eine Riesenfreude, zu unterrichten. Was ich nun im Studium lerne, taugt mir zu tausend Prozent. Viel mehr als BWL. Ich frag mich jetzt noch ständig, warum ich mich damit rumgequält habe? Ich war damals in einer "Aufreißer-Phase": Ich hab das getan, wonach mir war, ohne dabei an andere zu denken. Aber nicht im negativen Sinne! Die Dinge, die ich mir in den Kopf gesetzt hatte, habe ich gemacht und nicht auf andere gehört. Jetzt ist das etwas anders. Ich wohne mit meinem Freund zusammen in Nürnberg und seine Meinung und die meiner Freunde ist mir sehr wichtig. Ich frage jeden um Rat und handle (leider) nicht mehr so überstürzt. Ich plane, organisiere und wäge ab. Das kannte ich von mir selbst nicht. Vielleicht hängt das mit meinem zukünftigen Beruf zusammen. Wenn man vor den Kids nicht souverän wirkt, hat man gleich alles verloren. Dieses Jahr werde ich wohl für drei Monate nach Indien gehen, um dort zu unterrichten. Dort möchte ich auch gleich ein paar Forschungen für meine Zulassungsarbeit anstellen, da ich im Hauptfach Geographie unterrichte. Ansonsten hab ich noch zwei Jahre Studium vor mir und fühle mich wohl in Nürnberg. Trotzdem möchte ich München nicht missen. Ich hab dort viel gelernt und viele Erfahrungen gemacht. Erfahrungen auf der Arbeit und zwischenmenschliche Erfahrungen. ** Guillaume, 27
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das Polaroid zu sehen, ist sehr amüsant. Ich glaube, ich bin noch der gleiche, der ich damals war. Das Bild ist während unseres Bachelors am London College of Communication entstanden. Solche Bilder, wie man sie im Hintergrund sieht, hätte ich im ersten Jahr nicht machen können. Wir besuchten damals gemeinsam die Uni und alle hatten vorher gesagt, sie habe den besten Fotografiekurs in ganz Großbritannien. Naja. Die das erzählten, hatten leider nicht soviel Ahnung. Aber ich sage manchmal ja Ähnliches.
Damals war ich 24. Seit dieser Zeit ist nicht soviel passiert und manchmal denke ich, ich hätte mehr in meinem Leben erreichen sollen. Seitdem assistierte ich viel bei irgendwelchen Fotoshoots, was ich auch noch immer mache - jetzt vermehrt bei Portraits, Musiksachen und in der Werbung und weniger in Mode und Still-Leben. Außerdem arbeite ich an meinem Portfolio, um schneller an Jobs als Assistent zu kommen.
Ich habe mich nicht sehr verändert. Ich bin nicht unbedingt der glücklichste Mensch auf der Welt, aber unglücklich bin ich auch nicht oft. Vielleicht mache ich jetzt ein bisschen weniger Sport. Aber ich ziehe mich noch immer schrecklich an!
Grundsätzlich, glaube ich, macht es wenig Sinn, zu Vergangenem zurückkehren zu wollen. Mit meinem Ich, wie es früher war, kann ich mich heute nun wirklich nicht mehr identifizieren ...
Text: evi-lemberger - Fotos: el, privat