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"Muss ein schwuler Fußballer sich echt outen?"

Foto: Alessandra Schellnegger

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Clarence Seedorf hat als bislang einziger Fußballer der Welt mit drei verschiedenen Vereinen die Champions League gewonnen. Der ehemalige niederländische Nationalspieler spielte unter anderem für Real Madrid, Inter Mailand und den AC Mailand. Seine Oberschenkelmuskeln sind legendär. Clarence Seedorf versteht aber nicht, warum ein schwuler Fußballer sich outen muss.

Das sagte er jetzt bei der Konferenz des Weltverbandes Fifa für Gleichheit und Inklusion in Zürich, als Thomas Hitzlsperger gerade auf einem Podium diskutiert. Hitzlsperger ist ehemaliger deutscher Nationalspieler. Er hat nie die Champions League gewonnen, aber den weltweiten Fußball geprägt: Er ist der erste prominente deutsche Fußballer, der seine Homosexualität öffentlich gemacht hat.

"Ist es wirklich notwendig, dass ihr euch öffentlich zu euren sexuellen Präferenzen äußert?", fragt Seedorf.  Er sehe ja auch keine Hetero-Fußballer, die das tun. "Warum sollte das etwas sein, über das jemand öffentlich spricht?"

Hitzlsperger muss nicht überlegen, er antwortet direkt. Und das sehr beeindruckend, obwohl man ziemlich sicher auch zugeben muss, dass er die gleiche Frage schon ziemlich oft gehört hat. Nur halt nicht auf dieser großen Fifa-Bühne. Von einem so berühmten ehemaligen Spieler. 

"Ich finde es sehr wichtig, dass wir öffentlich darüber reden", sagt Hitzlsperger dann und lächelt. "Weil Fußballspieler Vorbilder sind." Viele Menschen, auch außerhalb des Sports, haben auch im Jahr 2017 noch Probleme, zu ihrer Sexualität zu stehen. "Und wenn sich da Fußballer als Vorbilder äußern, können sie etwas verändern."

Hitzlsperger zieht den Vergleich zu Hetero-Fußballern. Wenn die ihre Frau betrügen würden ("Sorry, aber das passiert") stehe es auch in jeder Zeitung. Wenn sie mit ihrer Frau oder ihrer Familie für Fotos posieren, stünde auch das in vielen Medien. "Ich bekomme also mit, dass sie hetero sind." Warum sollten also Heteros ihm erzählen dürfen, dass sie hetero sind – er aber nicht über seine Sexualität sprechen. Viele der anwesenden Zuschauer applaudieren ihm daraufhin (Seedorf nicht, er hält sich an seinem Mikrofon fest). Hitzlsperger sagt dann: "Ich wünschte, Homosexualität im Fußball wäre keine große Sache. Aber leider ist sie das." Und so lange das so sei, müssten Homosexuelle sich trauen und öffentlich darüber reden – um andere Homosexuelle zu ermutigen. 

 

Was man im oben eingebetteten Video nicht sieht (aber hier ab 1:15:33): Seedorf reagiert auf Hitzlspergers Antwort. Man dürfe ihn nicht falsch verstehen, er habe eine Menge schwuler Freunde – und er habe noch nie eine solch beeindruckende Erklärung auf seine Frage bekommen. Dafür bedanke er sich bei Hitzlsperger.

 

max

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