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Mädchen, fühlt ihr euch von der Natur verarscht?
Mädchen, das ist jetzt beides: Der Versuch eines sehr grundsätzlichen Dankes und in gewisser Weise die Essenz aller Jungs/Mädchen-Fragen. Seht mir also bitte nach, wenn ich etwas schlingere, druckse, herumeiere vielleicht auch. Denn es geht um den einen Unterschied, der vor all den kleinen Unterschieden steht, um die es hier sonst geht: die Natur.
Und deshalb will mir der Dank auch gleich wieder etwas zerfallen. Denn streng genommen kann man sich ja nicht für etwas bedanken, das der andere nicht freiwillig tut. Aber wenigstens anerkennen, dass ihr unterm Strich ganz schön tough durchsteht, was ihr nicht verhindern könnt, müssen wir dringend mal!
Geburten sowieso, aber auch schon vorher: Die Besuche beim Frauenarzt, die ich mir trotz beheizbarer Instrumente maximalgrauenhaft vorstelle. Oder eure Tage und alles was da dazugehört. Viele Dinge bestimmt auch, von denen wir nichts Genaues wissen. Manchmal glaube ich nämlich, dass ihr uns da sogar beschützt indem ihr uns Details erspart. Denn schon was ich kenne, erscheint mir irrsinnig martialisch. Unzeitgemäß. Ja, das ist es am ehesten! Ich krieg's nicht vereinbart mit dem Heute: Wir können Lungenflügel und Herzen transplantieren, gigantische Datenmengen in Sekunden um die Welt schießen. Atome spalten und Burgerfleisch klonen. Aber Kinder presst ihr noch immer auf demselben Weg und mit denselben Verletzungen auf die Welt, wie vor tausend Jahren. Und das ist ja nur das Ende eines neunmonatigen Konglomerats aus Unannehmlichkeiten und Entbehrungen: Übelkeit statt Alkohol, Müdigkeit als Ersatz dafür, dass ihr keinen Sport mehr machen könnt. Die Magenschmerzen. Die Krämpfe. Die Hormonschwankungen. Die schlechte Laune.
Und im Stehen pinkeln könnt ihr ja auch nicht. Was ich fragen will ist also: Fühlt ihr euch von der Natur eigentlich verarscht? Haltet ihr Gott, wenn ihr denn an ihn glaubt, für einen Sexisten? Und was fühlt ihr eigentlich uns gegenüber, wenn wir weiterhin bierbeschwingt in Bars herumdelirieren können, während ihr – kugelrund, abstinent und mit Kreuzschmerzen und geschwollenen Füßen – daneben steht? Hasst ihr das? Ist es still-leidende Akzeptanz? Oder sehe ich da vielleicht etwas nicht? Gibt euch die Möglichkeit, Kinder zu gebären, etwas, das ich nicht verstehe? Etwas, das euch auch alles, was dazu gehört, leichter ertragen lässt? Vielleicht sogar ein Gefühl von Macht?
Egal, was es ist, ich glaube, einmal muss man es hier vielleicht doch laut sagen: Danke, dass ihr das nur sehr selten an uns auslasst. Ihr seid toll!
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Es ist ja so sinnlos, so kindisch und so anmaßend all jenen Frauen gegenüber, die für eine gesunde Gebärfähigkeit alles tun würden, aber die Antwort lautet: Ja. Ich fühle mich verarscht. Und wenn ich es nicht schreiben würde, dann würde ich es jetzt brüllen und zwar am liebsten direkt rein in die Natur, oder zumindest in ihre Richtung, den dicken Glasfenstern dieses Hochhauses entgegen.
Ich fand diese ganze Frausein-Sache schon ungerecht, als ich mit ungefähr zehn Jahren kapierte, dass ab jetzt theoretisch jeden Tag etwas mit meinem Körper passieren könnte, das ich nie wollte, nie bestellt hatte und dem ich lebend nicht entfliehen konnte: Er könnte von einer Sekunde auf die nächste anfangen höllisch wehzutun und zu bluten, einfach so, ohne Sturz und ohne Unfall und dann auch noch an einer Stelle, an der ich am allerwenigsten wollte, dass da irgendetwas blutet.
Hinzu kommt, dass es ein Bild gibt, dass für mich bis heute unvermeidlich mit der weiblichen Periode verknüpft ist. Und zwar der Anblick einer menstruierenden Hündin. Die Hündin gehörte meiner Tante. Meine Tante zog ihr an einigen Tagen im Monat eine Unterhose mit einer Binde darin an, was aber nicht viel half, weil sie trotzdem alles vollblutete, ihr Körbchen, die Küche, das Wohnzimmer, die Flure, den Hinterhof. Mich hat das in seiner Rohheit immer sehr erschreckt und auch geekelt, und als mir erklärt wurde, warum diese Hündin blutet, konnte ich nur noch eines denken: Ich werde eines Tages wie diese Hündin sein.
Bis heute bin ich eine schlechte Frau. Ich habe nie Tampons, wenn ich welche brauche, rege mich in der Apotheke darüber auf, dass die Krankenkasse nicht meine Buscopan-Tabletten bezahlt, die ich brauche, weil ich sonst vor Schmerz ohnmächtig werden würde und manchmal schreie ich es auch durch meine Wohnung wie ein Rumpelstilzchen: Dass ich das alles nicht verstehe, was das alles soll, wieso ich eine Frau bin und was das eigentlich alles für eine altmodische Scheiße ist.
Das Ding ist, und damit zur anderen Hälfte deiner Frage: Ich würde trotzdem nicht mit euch tauschen. Ich will schon die bleiben, die ich bin und ich will auch unbedingt Kinder und ich bin auch trotz aller Furcht davor sehr scharf darauf, das selbst zu erleben und bemitleide euch ein bisschen, dass ihr das nie erleben werdet.
Nur kommt es mir eben immer und immer wieder so schockierend vor, wie das alles vonstatten geht! Ich weiß, das ist Bio-Unterricht in der vierten Klasse, aber MAN MUSS SICH DAS MAL VORSTELLEN: Da wächst dann im eigenen Körper ein Mensch! Und so wachsen alle Menschen! Keiner kommt mit dem Storch, die wachsen alle in Körpern, mit einer Nabelschnur und Schleim und Adern, wie ein Alien, wie ein Tier, wie ein – wenn ich darüber nachdenke, finde ich das so dermaßen roh und unbegreiflich, dass mir ganz komisch wird.
Ich wehre mich wirklich dagegen, ein denaturierter Computerrobroter zu sein und so weiter und sofort. Ich kann Im-Einklang-mit-der-Natur-Geschichten extrem viel abgewinnen und ich finde es wichtig, dass unser Körper uns immer wieder zu verstehen gibt, dass wir ihn nicht programmieren können wie das Internet oder eine Maschine.
Aber all das ändert nichts daran, dass mir diese ganze, monatlich durchzustehenden, aufgeblasene Sache mit der Fruchtbarkeit vorkommt, wie ein Relikt aus einer mittelalterlichen Zeit, in der es nie etwas zu essen gab, Männer sich draußen prügelten und Frauen den ganzen Tag in Burggewölben saßen und nichts anderen taten, als Kinder zu schaukeln, Windeln und Binden aus Stoff zu waschen und am laufenden Band Garn zu spinnen und auszusehen wie die Klosterfrau-Melissengeist-Frau.