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Poetry-Slammer Nico Semsrott gegen AfD
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Das ist ...
... Nico Semsrott, ein Comedian, der mit einem einzigen Poetry-Slam-Auftritt die Argumente der AfD zerlegt hat. "AFD-Wähler", sagt der Hamburger, "sind arm dran. Und schlechte Menschen." Bei der Hamburger Reihe "Kampf der Künste" durchdenkt der 30-Jährige die Argumentation der Alternative für Deutschland. Und zerdröselt die Unwahrheiten der Partei auf unpoetry-slam-mäßige Art und Weise, indem er seinen Text dem Publikum ohne große Emotionen vorträgt. Wodurch der wiederum sehr angenehm anzuhören ist.
In seinem schwarzen Hoodie steht er also in Hamburg auf der Bühne und tut das, was sonst keiner gern tut: Er versetzt sich in Rechtspopulisten hinein. Beim Thema Flüchtlinge klingt das folgendermaßen: "Rechte Logik geht in etwa so", erkärt Semsrott, "'Hm, mir geht's nicht so gut, woran könnte das denn liegen? Ah! Vermutlich an den Leuten, die gerade erst kommen!'"
Richtig groß wird Semsrotts Auftritt, als er sich überlegt, wie ein Brief des AfD-Politikers Bernd Höcke aussehen könnte. Wobei Folgendes rauskommt: "Ich bin Bernd Höcke und ich finde, wir können nicht alle aufnehmen. Diese verdammten Wirtschaftsflüchtlinge, diese verdammten Albaner und diese verdammten Polen, die den Spargel stechen – das würden wir gerne selbst tun!" Von dort aus schleicht der Hamburger sich rückwärts durch die Geschichte, mit all den verdrehten Ansichten von Rechtspopulisten.
Im Höcke-Style prangert er alle Einwanderer und die daraus resultierenden Vorteile an, die es jemals gegeben hat. Die Gastarbeiter in den 70ern, die das Wirtschaftswunder ermöglicht haben. Die Römer, denen wir die gepflasterten Straßen verdanken. Er schimpft auf die Vorfahren aus Afrika, auf denen unsere Existenz und Evolution beruht ("Ich bin Bernd Höcke und finde kleinere Gehirne besser."). Schließlich kommt der Poetry-Slammer beim Ursprung allen Daseins an: "Ich bin Bernd Höcke. Und ich mochte es noch, als da noch dieses Nichts war. Vorm Urknall. Da gab's keine Einwanderung. Vor allem keine Einwanderung." Und löst schließlich eines der ganz großen Rätsel der Welt: "Ich glaube, das ist die eigentliche Sehnsucht von Rechtspopulisten: nichts."
Der kann ...
... nicht nur gegen die AfD sticheln, sondern hat auch Allgemeinkritik auf Lager wie: "In Europa gibt es den Kapitalismus und Humanismus. Im Schnitt sind wir alle humanistische Kapitalisten. Was bedeutet humanistischer Kapitalismus? Wir beuten andere aus, fühlen uns aber schlecht dabei."
Der kommt ...
... mit seinem Programm in der Comedy-Welt ziemlich gut an. Was man anhand der Preise sieht, die ihm verliehen wurden: Karl-Marx-Poesie-Preis 2010 (was streng genommen – und die Poetry-Slam-Szene nimmt so was ja sehr ernst – kein Preis ist, sondern bedeutet, sich beim Wettbewerb in Trier auf den ersten Platz geslamt zu haben), Freiburger Leiter 2012 und schließlich wurde ihm der Bayerischer Kabarettpreis 2014 in der Kategorie "Senkrechtstarter" verliehen, was ihm laut eigener Aussage vor allem eins ist: Peinlich.
Der geht ...
... ziemlich traurig durchs Leben. Aber doch mit einer Art optimistischem Pessimismus. Schließlich ist das Thema "Scheitern" sein Steckenpferd. Was man an seiner Erfindung der "Unglückskekse" und seinem Motto "Freude ist nur ein Mangel aus Information" merkt. Auf seiner Website ist schließlich auch zu lesen: Er ist der traurigste Komiker der Welt. Was sich dadurch bestätigen lässt, dass er sich mit folgenden Fragen beschäftigt: Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und kann ich das Kaninchen nochmal sehen?
Wir lernen daraus, ...
... dass der Poetry-Slam nicht ganz dem Untergang geweiht ist. Zumindest nicht, solange es noch Auftritte wie den von Nico Semsrott gibt. Und dass vorgetragene Texte auch für politische Kritik taugen. Vor allem die, bei denen sich die Vortragenden nicht auf Pathos und Theatralik konzentrieren, sondern auf den Inhalt.
Nur Google weiß ...
... vermutlich schon sehr lange, dass dieser Poetry-Slamer mal richtig groß wird. Google und wir! Wir immerhin seit drei Jahren, um genauer zu sein. Da lief Nico Semsrott mit uns durch die Ausstellung "Besser scheitern" in der Hamburger Kunsthalle. Und meinte am Ende, dass er gern ein eigenes Museum des Scheiterns eröffnen würde. Mit nur ein paar Exponaten im Hauptraum. Und mit einem zugänglichen Nebenzimmer, wo die Stücke stehen, die es nicht in den Ausstellungsraum geschafft haben.